von P. Apfaltrer
Die pulmonale Hypertonie (PH) stellt derzeit sowohl klinisch als auch wissenschaftlich ein sehr dynamisches Feld dar, in dem aktuell rasante Fortschritte erzielt werden welche erheblich zu unserem Verständnis dieser heterogenen Erkrankung beitragen. Trotz des stärkeren Bewusstseins für diese Erkrankung kommt es weiterhin häufig zu einer verspäteten Diagnosestellung mit einer Latenz von derzeit im Mittel 2 Jahren. Die schwere PH ist eine Erkrankung, welche die körperliche Leistungsfähigkeit erheblich reduziert und außerdem die Lebenserwartung stark einschränkt. Klinisch fallen in der Regel eine Dyspnoe bei stärkerer Belastung und eine mehr oder weniger ausgeprägte Einschränkung der aeroben Kapazität im Belastungstest auf.[1] Das Erscheinungsbild der PH kann durch Erkrankungen verändert werden, welche die PH verursachen oder mit dieser assoziiert sind. Bildgebende Verfahren spielen bei der Diagnose und dem klinischen Management der PH eine immer größere Rolle und zahlreiche rezente Studien mit modernen bildgebenden Verfahren konnten zeigen, dass diese eine präzise anatomische und funktionelle Darstellung der pulmonalen Zirkulation und des Herzens ermöglichen.[2-5]
In den aktuellen Leitlinien der ESC (European Society of Cardiology) und der europäischen Gesellschaft für Pneumologie (European Respiratory Society, ERS) wurden die wichtigsten Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie der PH veröffentlicht.[6; 7] Die PH ist unverändert definiert als Anstieg des mittleren pulmonal arteriellen Drucks (PAPm) auf ≥ 25 mmHg in Ruhe, invasiv gemessen mittels Rechtsherzkatheter (RHK). Verfügbare Daten haben gezeigt, dass der normale mittlere PAPm in Ruhe 14±3 mmHg beträgt, mit einer oberen Normgrenze von 20 mmHg. [8]
Klassifikationen
Bereits bei der WHO-Konferenz in Evian, Frankreich wurde im Jahre 1998 die Klassifikation der pulmonalen Hypertonie in 5 Gruppen festgelegt. Diese wurde während der nachfolgenden World Symposia on Pulmonary Hypertension (Venedig 2003, Dana Point 2008, Nizza 2013) in einigen Details modifiziert. Die aktualisierte Leitlinie der PH kategorisiert multiple klinische Krankheitsbilder mit ähnlichem klinischen Erscheinungsbild, pathologischen Befunden, hämodynamischen Charakteristika und Behandlungsstrategien in fünf Gruppen.[6; 7] Die Einteilung der PH blieb im Vergleich zu den letzten Empfehlungen, bis auf kleinste Verschiebungen, im Wesentlichen unverändert. Weiterhin wird zwischen pulmonalarterieller Hypertonie (PAH), PH bei Linksherzerkrankungen, PH bei Lungenerkrankungen und/oder Hypoxie, chronisch thromboembolischer PH sowie PH bei unklaren oder multifaktoriellen Ursachen unterschieden.[9]
Der Begriff PAH beschreibt eine Gruppe von PH-Patienten, die hämodynamisch durch das Vorliegen einer prä-kapillären PH charakterisiert sind, definiert durch einen PAPm ≥ 25 mmHg, einen pulmonal arteriellen Wedge-Druck (PAWP) ≤ 15 mmHg und einen PVR > 3 Wood-Einheiten (WE), bei Abwesenheit anderer Ursachen einer prä-kapillären PH, wie PH infolge von Lungenerkrankungen, chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) oder anderer seltener Erkrankungen.[8] Bezüglich einer detaillierten klinischen Klassifikation der pulmonalen Hypertonie wird auf die aktuellen Leitlinien der ESC und ERS zur Diagnose und Behandlung der pulmonalen Hypertonie verwiesen.[8]
Diagnostik der pulmonalen Hypertonie
Die Symptome der PH sind häufig unspezifisch. Im Vordergrund stehen Belastungsdyspnoe, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Thoraxschmerzen, Synkopen und Ödeme. Symptome in Ruhe sind nur in fortgeschrittenen Fällen vorhanden.[10] Das diagnostische Vorgehen bei Patienten mit vermuteter PH erfordert die Durchführung gezielter Untersuchungen, um die Diagnose zu bestätigen, die klinische Zuordnung der PH festzulegen und den funktionellen sowie hämodynamischen Schweregrad einzuschätzen. Die wichtigste diagnostische Untersuchung zur PH bleibt, wie bereits seit den ersten Empfehlungen, die Rechtsherzkatheteruntersuchung (RHK). Sie erlaubt neben der exakten Ermittlung der Druck und Widerstandverhältnisse die Prüfung der Reagibilität des Lungengefäßbetts. Nach wie vor gilt, dass ohne eine RHK-Untersuchung eine PH nicht mit letzter Sicherheit diagnostiziert oder ausgeschlossen werden kann.
Im Bereich der nicht-invasiven bildgebenden Untersuchungen gab es in den letzten Jahren rasante Entwicklungen. Die wichtigste nicht-invasive Untersuchung im Diagnosealgorithmus der PH bleibt jedoch nach wie vor die Echokardiographie. Neue echokardiographischen Methoden ergänzen hier die klassischen Echo Messungen in der Abschätzung des pulmonalen Druckes und tragen wesentlich zur Beschreibung der rechtsventrikulären Funktion bei.[11] Laut den 2015er-Leitlinien der ESC und ERS zur Diagnose und Behandlung der PH sind die wichtigen Zeichen in der Echokardiographie die maximale trikuspidale Regurgitationsgeschwindigkeit (TRV), die Vergrößerung des rechten Ventrikels, die Verkleinerung der rechtsventrikulären Akzelerationszeit, die Abflachung des interventrikularen Septums (D-Zeichen), ein pulmonalarterieller Durchmesser von mehr als 25 mmHg, eine Dilatation der Vena cava inferior (> 21 mm) mit verkleinertem inspiratorischen Kollaps bei ruhiger Atmung, außerdem eine Vergrößerung der rechtsatrialen Fläche (> 18 cm2).[9]
Folgende Untersuchungen werden gemäß der aktuellen Leitlinien für eine umfassende Beurteilung von Patienten, bei denen eine PH vermutet wird, empfohlen, welche entsprechend der Phase des diagnostischen Prozesses und verschiedenen Wahrscheinlichkeitsgraden für das Vorliegen einer PH ausgewählt werden sollen[8]:
Im Folgenden soll auf die Rolle der Thorax CT in der Abklärung der pulmonalen Hypertension näher eingegangen werden.
Die CT wird im Diagnosealgorithmus der PH häufig eingesetzt, um Erkrankungen wie interstitielle Lungenkrankheiten oder die pulmonale venookklusive Erkrankung (PVOD) auszuschließen.[10; 12] Die nicht-kontrastreiche, native CT und die CT-Angiographie (CTA) sind die 2 wichtigsten CT-Techniken, die eine bedeutende Rolle bei der klinischen Bewertung und Behandlung von Patienten mit PH haben. Die pulmonalen parenchymalen Befunde in der CT bei Patienten mit PH sind variabel und hängen von der jeweiligen zugrundeliegenden Ätiologie ab. Mittels der nativen CT ist es möglich die meisten strukturellen Veränderungen in den Atemwegen und dem Parenchym genau zu identifizieren. Im Besonderen erscheint eine native CT in der Bewertung des Lungenparenchyms bei diffusen Lungenkrankheiten, wie der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit und interstitiellen Lungenkrankheiten bzw. der Diagnose einer pulmonalen veno-okklusiven Erkrankung sowie einer pulmonalen kapillaren Hämangiomatose ausreichend.[13]
Seit der Einführung der Multidedektor-CT-Systeme (MDCT), mit ihrer hohen räumlichen und zeitlichen Auflösung hat sich die Kontrastmittel- verstärkte CTA der Lungenarterien zur Untersuchungsmethode der Wahl bei Verdacht auf Lungenembolie (LE) entwickelt.Aktuelle CT-Geräte können den gesamten Thorax innerhalb einer Sekunde erfassen und die Lungengefäße bis in die Segmentarterien zuverlässig darstellen. Dabei wird der komplette arterielle Verschluss oder ein Füllungsdefekt nach Kontrastmittelgabe nachgewiesen. Bei der CTEPH handelt es sich um eine narbige Obstruktion der Lungenarterien, die von komplexen Wandveränderungen der pulmonalen Widerstandsgefäße begleitet wird. Es wird angenommen, dass die CTEPH eine Langzeitkomplikation überlebter Lungenembolien darstellt und dafür werden Inzidenzen zwischen 0,5 und 9,1 % innerhalb der ersten 2 Jahre nach symptomatischer LE angegeben.[14] Bei Verdacht auf CTEPH sollten eine Echokardiographie und eine Spiroergometrie erfolgen. Bei positivem Befund ist die bildgebende Methode der Wahl weiterhin die Ventilations-Perfusionsszintigraphie. Jedoch ist die Literatur zur Rolle der CTA für das Screening auf die CTEPH inkongruent. Laut der aktuellen deutschen S2 Leitlinie, Venenthrombose und Lungenembolie: Diagnostik und Therapie, wird aufgrund der geschätzten Inzidenz von 5 Fällen pro 1 Million Personen/Jahr bzw. einer Prävalenz von 3-30 Fällen pro 1 Million Personen/Jahr, angesichts der geringen Zahlen, aktuell ein flächendeckendes „CTEPH-Screening“ bei asymptomatischer Patienten nach abgelaufener LE nicht empfohlen. [15]
In den letzten Jahren wurden mehrere qualitative und quantitative computertomographische Befunde aus statischen oder dynamischen CT Untersuchungen beschrieben, welche die Erkennung einer PH oder sogar eine hämodynamische Charakterisierung der Patienten ermöglichen.[2] Sowohl bei nativen CT als auch bei CTA, sind der Durchmesser der Pulmonalarterie und dessen Verhältnis zum Durchmesser der Aorta die am einfachsten zu erhebenden Parameter und Grenzwerte von 29 mm für den Durchmesser der Pulmonalarterie bzw. 1 für das Verhältnis zwischen dem Durchmesser der Pulmonalarterie und der Aorta lieferten gute Ergebnisse in der Identifikation von Patienten mit PH (Abbildung 1).[16; 17] Andere Befunde, die in der CT auf eine PH hindeuten können, sind Verkalkung der Pulmonalarterien, Vergrößerung des rechten Vorhof und rechten Ventrikel, Mosaikperfusion des Lungenparenchyms oder die Krümmung (Tortuosität) der Gefäße. Letztere konnte in einer kürzlich veröffentlichen Studie mittels eines automatisierten 3D Simulationstool quantifiziert werden und Zusammenhänge zum pulmonalen Mitteldruck gezeigt werden.[18]
Die traditionelle Rolle der CT bei der Bewertung von PH umfasst die Beurteilung der pulmonalen Gefäßsystem und Lungenparenchym mit einer untergeordneten Beurteilung des Herzens. Fortschritte in der MDCT-Technologie mit verbesserter räumlicher und zeitlicher Auflösung ermöglichen nun eine genaue Abgrenzung der kardialen Morphologie. Die Beurteilung der CT-morphologischen Herzparameter erfolgt dabei vor allem auf die Messung des Durchmessers von rechtem und linkem Ventrikel sowie den daraus gebildeten Quotienten (Abbildung 1). Ebenso kann die CT dazu dienen kardiale Ursachen, wie angeborene kardiale Shunts oder Erkrankungen des linken Herzens, zu diagnostizieren.[5]
Neueste Ansätze im Bereich der nicht-invasiven bildgebenden Untersuchungen sind dynamische CT-Untersuchungen bei denen nach der Injektion des Kontrastmittels wiederholte CT Bilder erstellt werden. Aus diesen dynamischen CT Untersuchungen können funktionelle Information über die pulmonale Hämodynamik, und indirekt mittels Bestimmung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Kontrastmittels vom Pulmonalishauptstamm in die rechte bzw. linke Pulmonalarterie, Rückschlüsse auf den pulmonalen Mitteldruck erfolgen. [2; 19; 20]
Ein weiteres derzeit intensiv erforschtes nicht-invasives bildgebendes Verfahren ist die Dual-energy-CT (DECT). Mittels der DECT besteht die Möglichkeit Daten aus zwei Röntgenröhren mit unterschiedlichen Spannungen und Röntgenspektren gleichzeitig zu erfassen. Durch die selektive Darstellung von Kontrastmittel kann die DECT neben dem pulmonalen Gefäßsystem zeitgleich die Lungenperfusion, repräsentiert durch die Jodverteilung im Lungenparenchym, darstellen (Abbildung 2).[21] Somit werden zusätzliche Informationen zur Lungendurchblutung gewonnen, bei vergleichbarer Strahlenbelastung gegenüber herkömmlichen CT-Untersuchungen.[22]Erste Studien konnten zeigen, dass die DECT des Thorax die gleichzeitige nichtinvasive Beurteilung der vaskulären Anatomie, parenchymalen Morphologie und funktioneller pulmonale Parameter ermöglicht und zukünftig als eine leistungsfähige "one-stop" –Untersuchung in der Diagnostik der PH dienen könnte.[23; 24] Dies muss jedoch noch durch weitere Studien bestätigt werden.
Zusammenfassung
Nicht-invasive bildgebende Verfahren spielen bei der Diagnose und dem klinischen Management der PH eine immer größere Rolle und zahlreiche Studien mit modernen bildgebenden Verfahren konnten zeigen, dass diese eine präzise anatomische und funktionelle Darstellung der pulmonalen Zirkulation und des Herzens ermöglichen. Im Besonderen hat sich die CT bereits in bestimmten Phasen des diagnostischen Prozesses der PH etabliert, wobei ihre traditionelle Rolle vor allem die Beurteilung des pulmonalen Gefäßsystems und des Lungenparenchyms umfasst. Neueste Ansätze wie die DECT und dynamische CT Untersuchungen könnten dazu beitragen, dass die Bedeutung der CT bei der Diagnose und dem klinischen Management der PH auch als nicht-invasives hämodynamisches Verfahren in kommenden Jahren deutlich zunehmen wird.
CT-Angiographie eines 39 jährigen Patienten zur Abklärung einer PH. (A) zeigt die Dilatation des Truncus pulmonalis im Vergleich zur Aorta ascendens bedingt durch die pulmonale Hypertonie (Doppelpfeile). Der Patient weist zudem bereits eine Erweiterung des rechten Ventrikel (B), ein typisches Mosaikperfusionsmuster im Lungenparenchym (C) sowie dilatierte Bronchialarterien auf. (D)
CT-Angiographie eines 76 jährigen Patienten zur Abklärung einer CTEPH. (A) Die axiale CT-Angiographie zeigt auf Höhe des Truncus pulmonalis wandadhärentes thromboembolisches Material in der proximalen rechten Pulmonalarterie (Pfeile). (B) Iod-Parameterkarten in koronaler Schnittführung einer Dual-Energy CT-Untersuchung des gleichen Patienten mit Nachweis von keilförmigen Perfusionsdefekten (Pfeile) passend zu einer CTEPH.
Autor
Ass.-Prof. Priv.-Doz. DDr. Paul H. F. Apfaltrer
Bereichsleitender Oberarzt und Leiter CT-Forschung,
Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin,
Medizinische Universität Wien
Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien
Email:paul.apfaltrer@meduniwien.ac.at
Referenzen